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Hamburg Frankfurt.. was für eine Fahrt
Hamburg, 16:00h. meine nette Nachbarin Swantje setzt mich am Hauptbahnhof ab.
Der Parkplatz ist voll, es geht nur im Schneckentempo voran.
Zeit habe ich noch genug, mein Zug fährt erst um 16:24h.
Na gut, ich greife mir also mein Zeug und Swantje düst mit meinem Auto nach Hause.
So’n Bring und Abholservice ist schon ´ne feine Sache. Der Hamburger Hauptbahnhof
ist auch drinnen brechendvoll. Man merkt, das Wochenende ist vorbei. Alle Welt fährt
am Sonntagabend. Ich wühle mich also durch die Menschenmassen und erreiche schließlich
meinen Bahnsteig. Auf meiner Reservierung steht:
Gleis 14a/b Wagen 4 Sitzplatz 27
Als ich das Ticket bei meiner Dienstelle abgeholt habe, dachte ich noch daß wohl alles
glatt gehen würde. Das Ticket ist bezahlt, der Sitzplatz mit Tischchen und Strom &
Internetzugang reserviert und gut dreieinhalb Stunden Fahrt bis Frankfurt/Main.
Was soll da noch schief gehen?
Doch weit gefehlt. Kurz bevor der Zug einfährt werfe ich noch einmal einen Blick auf
die leuchtende Anzeigetafel. 14a/b steht da. Blechern trötet es durch die Bahnhofshalle,
mein Zug kommt gleich. Als ich aufstehe bemerke ich, daß ich doch nicht an der richtigen Stelle stehe.
Etwas höher sind unbeleuchtete Buchstabentafeln. Okay, mein Fehler, nicht gesehen.
Also wackel ich mit meinem Rucksack ca. 800m weiter nach vorne, zum richtigen Abfahrtsbereich
A und B.
Mittlerweile ist es auch nicht mehr so voll auf dem Bahnsteig, um 16:15h hat ein Zug viele Leute
nach Bremen mitgenommen. Als ich im Haltebereich A ankomme fährt auch gerade der ICE 673
in die Bahnhofshalle ein.
Aber warum stehen so komische Nummern auf den Waggons? 11? Wieso 11?
Ich frag eine Frau vom so genannten „Service“-Personal, wo denn Waggon 4 sei,
denn da soll ja mein reservierter Sitzplatz mit Tischchen, Strom & Internet sein.
„Da ganz hinten, am Ende es Zuges, wo er immer ist (Blödarsch!)“
Bekomme ich die recht patzige Antwort. Hatte ich nicht erst kürzlich irgendwo in
einem Blog gelesen, das die Deutsche Bahn mächtig an Ihrem „Service“ geschraubt hat und
das Personal jetzt volle Kanne auf Freundlichkeit gedrillt ist? Na, wohl nicht in diesem Zug.
Oder vielleicht nur für Behinderte ?
Also auf ins Getümmel. Was sind denn schon 7 Waggons? Wenn der Rucksack nur 10 Kilo wiegt.
Okay, die erste Klasse sieht schon mal recht gemütlich aus. Viel Arm- und Beinfreiheit.
Aber die Polizei bezahlt mir nunmal nur die 2. Klasse. Ach, egal.. was soll‘s.
Ich marschiere also erst einmal quer durch den Zug, und laufe prompt zu weit.
Der gute Mann, den ich von meinem vermeintlichen Platz verjagen will sitzt in Waggon 3,
nicht in Waggon 4. Okay, Tschulligung, mein Fehler bin schon weg. Ich gehe also wieder
zurück, durchquere dabei unwissentlich Waggon 4 und lande in Nummer 5.
Ich habe nur Augen für meine Platznummer 27 und die ist Frei!
Ich quetsche mich also an den schmalen Fensterplatz an das verhältnismäßig kleine Tischchen
und jage den Schachspieler der daneben am Gang sitzt von seinem Platz hoch, damit ich da
reinkomme. Mann ist das eng. Und mir ist recht warm geworden durch die schlechte Luft.
Aber nun ist alles gut, denke ich wenigstens.
Bis Hannover passiert nix. Ich hole mir mein Laptop und fange an mir die Zeit mit den TV-Serien
zu vertreiben, die ich zu diesem Zweck mitgenommen habe.
Aber als der Zug in Hannover einläuft geht der Terror schon wieder los.
Ein Mann der eben eingestiegen ist, behauptet ich würde auf seinem reservierten Platz sitzen.
Er hält mir sein Ticket unter die Nase und ich ihm meins. Wer hat jetzt recht?
„Das ist aber Waggon 5“ sagt irgendeine Frau.
Grmblfx! Also den ganzen Kladderadatsch wieder zusammengepackt, und auf geht’s.
Als ich im Wagon 4 ankomme sitzt *NATÜRLICH* jemand auf dem Platz der vermeintlich
meiner sein soll. Ich erkundige mich, ob ich hier diesmal richtig bin. Ja, Wagon 4, ja, das hier ist Platz 27.
Aber Reservierungen stehen angeblich immer oben dran, tun sie aber in diesem Fall nicht.
Egal, der Platz dahinter ist frei und bietet auch viel mehr Beinfreiheit.
Jetzt Terror zu machen und auf meinen reservierten Platz zu bestehen wäre einfach unverhältnismäßig.
Also denk ich so bei mir, „Scheiss drauf“ und setze mich zu dem netten älteren Herrn am Fenster.
Hier gibt es ein Klapptischchen und auch Strom. Außerdem ist der Platz am Gang, also mehr Freiheit hier,
und ich kann auch mal aufstehen ohne jemanden hochzuscheuchen.
Aber gerade ich mich mit meiner Situation irgendwie abgefunden habe und beginne mit meinem Sitznachbarn
über den „Service“ der Deutschen Bahn zu lästern, kommt der nächste der mich verjagt.
Tja, nun kann ich auch nicht anders und muss meinerseits auf meinen reservierten Platz beharren.
Sonst geht der Spaß noch weiter bis Frankfurt wo ich laut Plan so gegen 20:00h ankommen soll.
Verdammte Scheisse, das nächste mal fahre ich mit dem Auto!!!
Am Fenster sitzt ein junger Geistlicher, in einer schwarzen Soutane. Vielleicht 25 oder so. Den Platz
am Gang belegt ein vielleicht ebenso alter Mann, der recht kräftig gebaut ist und ein Gesicht wie ein
Bauarbeiter hat. Er ignoriert mich weitestgehend, macht aber sonst den Eindruck daß es gleich Stress
gibt. Gegenüber auf der anderen Seite des Tisches sitzen zwei pickelige vielleicht 14-jährige Mädchen.
Ich bringe mein „Sitzrecht“ zur Sprache und stoße wie erwartet auf Widerstand.
„Wenn der reserviert wäre, würde das da oben dran stehen“,
sagt der grobschlächtige und tippt dabei auf das dunkle LED-Display ohne mich eines Blickes zu würdigen.
„Okay“, sage ich, „meine Dienstelle hat aber diesen Platz für mich Reserviert“ und halte ihm den Wisch
unter die Nase. Aber noch während ich mir den nächsten Schritt überlege ihm anzubieten die Angelegenheit
mit dem Schaffner zu diskutieren, (Ha! Welcher Schaffner?) steht er schon auf und trollt sich nahezu wortlos.
Bitte, geht doch.
Und jetzt sitze ich hier, der Satanist neben dem Pfaffen und schreibe mir meinen Frust von der Seele.
Wenn mir meine Erkältung nicht noch in der Kehle sitzen würde, wäre eine Unterhaltung mit
dem Schwarzkittelträger neben mir sicher sehr interessant. Er macht einen intelligenten Eindruck,
liest die Bibel in Latein und linst immer wieder auf den Bildschirm des Laptops, sagta ber nichts.