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Reisebericht 2007

Route: Hamburg -> Würzburg -> Seeboden in Kärnten (A) -> Klagenfurt (A) -> Bamberg (D) -> Hamburg
zurückgelegte Strecke ca. 2.500km (geschätzt)
Zeitraum: 01. Oktober bis 06. Oktober 2007
Fotos: 68 Link

Textlänge: 8.343 Wörter, 51.452 Zeichen, oder einfach 19 Din A4 Seiten

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Hamburg, Montag 1. Oktober 2007   Route mit GoogleEarth
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Mein spontan beschlossener Urlaub beginnt.
Um neun bin ich losgefahren, vorher noch nach Steilshoop, wo der Sprit immer am
Günstigsten ist. Kurz volltanken, Reifen checken und auf Autobahndruck
aufblasen. Öl hab ich gestern Abend schon nachgefüllt, leider etwas zu viel,
aber was solls. Die Strecke geht über 1200 km, der Motor läuft rund, kein
Problem. Jetzt den Kurs ins Navi eingeben und ab vom Hof.

Als Startzeit habe ich mir etwa 10:00h ausgesucht.
Die Zeit hat sich bewährt, um auszuschlafen, zu frühstücken und in aller Ruhe
loszufahren. Und so passiere ich gegen zehn Uhr die Mundsburg Türme an der
Hamburger Straße. Jetzt sind auch schon alle Berufspendler in ihren Büros und
müssen schuften, die armen Schweine, während ich in meinen wohlverdienten Urlaub
fahre. Die erste Etappe habe ich von Hamburg bis Würzburg geplant, wo mich
meine erste Couchsurfing Erfahrung erwartet. Von Couchsurfing.com habe ich
das erste Mal vor ein paar Monaten gehört. Couchsurfing.com ist ein Gastgeberdienst
bei dem wildfremde Leute, die Spaß daran haben, andere wildfremde Leute kennen
zu lernen und deshalb eine Couch oder eine Matratze in ihrer Wohnung zur Verfügung
stellen. Außerdem wird oft noch angeboten, den Gast mit den lokalen Sehenswürdigkeiten
vertraut zu machen.
Und das alles noch dazu vollkommen umsonst. Sowohl der Service von Couchsurfing.com,
als auch die jeweilige Unterkunft sind vollkommen frei, umsonst, gratis, quasi für lau.
Natürlich ist ein Gastgeschenk jederzeit willkommen, wird aber nicht zwingend erwartet.
Gast und Gastgeber lernen sich im Vorwege über ihre jeweiligen Profilseiten
auf Couchsurfing.com kennen. Außerdem gibt es ähnlich wie bei eBay ein
Bewertungssystem, in dem die Qualität der Begegnung mit einem kurzen Text
hinterlegt werden kann. Aber genug davon, ich wollte hier ja über meine Reise
schreiben und nicht nur Werbung für http://www.CouchSurfing.com machen.

Mein geplantes Ziel heißt Klagenfurt. Eine Stadt in Österreich, von der ich
gehört habe, daß sie sehenswert sein soll. Ein historischer Altstadtkern, mit
teils mittelalterlichen Bauten. Für den Rückweg hatte ich ursprünglich die Städte
Wien, Prag und Dresden eingeplant. In Dresden war ich zwar schon, aber es ist
erstens eine schöne Stadt, zweitens liegt sie auf dem Weg zurück gen Norden
und drittens liegt sie in dem von mir geplanten ca. 500 km Tagesradius den ich
für eine Tagestour eingeplant habe. Das entspricht in etwa 4 Stunden Autofahrt,
zumindest laut http://maps.google.de. Tatsächlich haben diese Trips aber immer
länger gedauert. Eine ziemlich lange Tour, bedenkt man daß ich nur eine Woche
Urlaub genommen habe. So kam es denn auch, daß ich von Klagenfurt aus
über Bamberg wieder zurück nach Hamburg gefahren bin.

Nachdem ich nun Hamburg über die A7 in Richtung Süden verlassen habe, rechne
ich im Geiste schon mit dem Schlimmsten. Ein Autobahnkreuz, das schon seit
geraumer Zeit eine riesige Baustelle ist. Aber zu meiner Überraschung komme
ich dort hervorragend durch. In der Baustellenzone sind 80 erlaubt, die Leute
fahren 60, ich überhole alle mit 100. Alles ist super! So macht Auto fahren
Spaß! Bis Göttingen vergeht die Zeit wie im Fluge. Mein Ford kann seine
geballten Kräfte von 147 PS entfalten und immer wieder mal die 200'er Marke
zumindest kurz ankratzen. Leider ist der Verkehr zu dicht, als das ich meinen
Rekord von 230 brechen könnte. In den Kasseler Bergen hatte ich gehofft, bergab
mit Rückenwind fernweh und Bullen im Nacken kurzfristig auf 250 kommen zu
können, bevor mir der Motor um die Ohren fliegt. Nunja, es hat halt nicht
sollen sein. Vielleicht ein anderes Mal.

NDR2 meldet schon seit geraumer Zeit einen Stau von 10 km bei Göttingen.
Leider ist mein Navi nicht mit TMC, der Verkehrsfunkoption, ausgestattet.
Deshalb rausche ich da auch voll rein. Hätten die blöden Doofköppe im Radio
jetzt gesagt, ab wo der Verkehr wieder fließt, hätte ich vielleicht einen
Ausweichkurs genommen. Aber so bin ich ortsfremd und denke bei mir, mal einen
Augenblick lang etwas langsamer fahren entspannt und spart mir die Pause.

Weit gefehlt!
Der Verkehr steht! Ich habe jedes Zeitgefühl verloren, wie lange ich wohl
im Stau gestanden habe, aber als ich die Baustelle passiere und sehe, daß
dort 4 Autobahnspuren auf eine(!!!) verengt wurden, wird mir klar, warum
es hier nicht voran geht. Wer immer das geplant hat, gehört an beiden Eiern
aufgehängt. Platz wäre auch für zwei Bahnen gewesen und wenn man schon eine
Brücke erneuert, was ja auch etwas dauert und nicht von Heute auf Morgen geht,
dann sollte man doch rechtzeitig vorher mit Schildern darauf hinweisen und
eine Umleitung bereitstellen. Nunja, hinter der Baustelle sehe ich jede Menge
Kennzeichen aus der Umgebung, die über die Autobahnauffahrt zufahren.
Die Eingeborenen wissen offenbar Bescheid.

Als ich endlich in Würzburg ankomme, geht alles sehr schnell.
Schwups, von der Autobahn runter. Zack, in die Stadt hinein. Schon bin ich da.
Navi ist doch was Feines! Meine Couchsurfing Gastgeberin wohnt inmitten der
Würzburger Altstadt. Ganz was Feines, habe ich in Hamburg noch gedacht.
Aber jetzt kommen mir so langsam Zweifel, ob daß wirklich so gut ist.
Denn was bekommt man in jeder Stadt in Hülle und Fülle ?
Rrrrriiichtig, alles nur keine Parkplätze!
Aber ich habe Schwein. Nachdem ich den Hauseingang erblickt habe, finde ich
keine 50 meter weiter einen Parkplatz; einen gebührenpflichtigen natürlich!
Also mit über Nacht hier stehen bleiben ist schon mal Essig.

Kaum habe ich mein Schiff in die endgültige Parkposition manöviert, kommt
auch schon eine Politesse angewackelt, wirft ihr kritisches Auge auf meine
Einparkung und lobt mich mit dem ausgestreckten Daumen ihrer zur Faust
geballten rechten Hand. Außerdem werde ich mit den ersten Sätzen bayerisch
konfrontiert "Tzer guat!". Na, die kommt mir gerade richtig. Ich verwickle
sie in ein Gespräch und erfahre ein paar alternative Parkpositionen, die mir
aber alle nicht helfen, weil ich ja "ortsunkundig" bin. Und so ziehe ich mir
erst mal ein Parkticket für 50 Cent für eine halbe Stunde. Mehr geht nicht.
Auch nicht mit mehr zahlen. Na, denke ich mir: Julala, meine Gastgeberin,
kennt sich ja bestimmt aus und hilft mir vielleicht. Die wohnt ja hier,
dann hat sie vielleicht einen Anwohnerparkplatz hinten auf'm Hof.

Es ist etwa halb sieben. Um fünf etwa hab ich sie angerufen und angekündigt,
daß ich in etwa einer Stunde ankommen werde. Nunja, war ja keine Verabredung
zum Abendessen. Dann wird sie schon nicht meckern.
Und so klingele ich unten an der Tür, der Summer geht und in der ersten
Etage erwartet mich eine überraschend kleine und zierliche Schwarzhaarige
mit einem strahlenden Lächeln. Whow! Alleine das wäre acht Stunden
Autobahnfahrt Wert gewesen!

Julala und Joe in Würzburg Die Frau ist echt süß! Wenn alle Couchsurfing Trips so laufen, mache
ich das öfter. Sie zeigt mir kurz die Wohnung, hier das Klo, da die Küche,
dort das Schlafzimmer. Ein etwa vier mal fünf Meter großer Raum, der mit
Laminat, einem Bett, einem Klavier und einem großen Fenster mit einem
guten Blick in die nachbarschaftlichen Wohnungen ausgestattet ist.
Das gegen überliegende Haus ist altstadttypische drei Meter oder so entfernt.
Allerdings wirken die Straßen in dieser Gegend eher hinterhofmäßig.
Was für die zentrale Lage ja eigentlich eher untypisch ist.

"Willst du das Bett oder die Matratze?" fragt sie mich. "Ähhja, also..."
tausend Gedanken schwirren in diesem Moment in meinem Kopf.
Da steht nun diese wirklich süße Frau und fragt mich wie ich am liebsten
schlafen würde.
Aber ich behalte meine Finger bei mir und sage ich ganz artig
"Och,ich glaub' ich nehme die Matratze". Es ist schon ein merkwürdiges
Gefühl bei einer wildfremden Frau so mit der Tür ins Haus zu fallen und
nach einem Schlafplatz zu fragen. Noch dazu wenn sie so niedlich ist :-)
Aber dieses Gefühl ging schnell vorbei. Schon die nächste Nacht war
so, als sei es niemals anders gewesen. Ebenso bei meiner nächsten
Couch in Österreich.

Julala studiert Jura, spielt seit der dritten Klasse Klavier. Sie hat ein
Studium in Islamwissenschaften und Japanologie hinter sich, was sie wegen eines
Faibles für Sprachen begonnen hat. Außerdem steht sie auf Heavy Metal. Außer mir
ist noch der große schwarze Labrador 'Joe' von ihrer Mutter zu Besuch.
Zu Schade, daß sie auch einen Freund hat.

Nachdem wir eine Weile geplaudert haben, hole ich die nötigsten Sachen aus dem
Auto. Julala ist auch erst vor einer Woche nach Würzburg gezogen und lebt
ebenfalls vorrübergehend bei einer Freundin, bis ihre Wohnung im
Studentenheim frei ist. Deshalb kann sie mir leider nicht bei meinem Parkplatz-
problem helfen. Aber weil der Hund sowieso mal raus muss, ist sie bereit,
mit mir und dem Hund ins Auto zu springen und einen Parkplatz zu suchen.
Nicht, daß es viel helfen würde, aber vier Augen sehen ja immer mehr als zwei.
Wir fahren quer durch die Stadt und vorbei an vielen freien Parkplätzen, die leider
alle nur für Anwohner erlaubt sind. Die Politesse hatte vorhin von öffentlichen
Parklätzen am Mainufer gesprochen, also biege ich rechts ab von der Hauptstraße
und in einer der vielen kleinen Nebenstraßen finde ich tatsächlich einen Parkplatz.
Sollte ich mich jemals beklagt haben, wenn ich in Hamburg zu weit laufen
musste, um von meinem Parkplatz nach Hause zu kommen, nehme ich hiermit alles
zurück und behaupte das Gegenteil. Nur so viel, ich kenne die Würzburger
Innenstadt jetzt wirklich gut.

Auf dem Rückweg zu Julala's Wohnung muss ich wieder an den Wikipedia Artikel
über Würzburg denken und an das Satellitenfoto. Sah ja echt winzig aus das
Nest. Nur 130.000 Einwohner, kein Vergleich zu den 1,7 Millionen von Hamburg.
Trotzdem, ein ganz schöner Marsch zurück. Aber ich habe ja nette Begleitung.
Etwas später am Abend gehen wir noch gemeinsam eine Pizza essen.

Die Pizzaria liegt etwas versteckt in einer Seitengasse, die Elefantengasse heißt.
Julala war hier schon mal und führt mich gleich zielstrebig in den Keller,
der zu meiner großen Überraschung wie eine Grotte oder Tropfsteinhöhle
modeliert ist. Aha! Nomen est Omen, deshalb also der Name "Die Blaue Grotte"!

Die Decke ist in einem dunklen blaugrün gehalten und kugelrund
aus Pappmachè oder etwas Ähnlichem gemacht.
Wäre das Ganze in schwarz und braun, könnte man dabei an einen
mittelalterlichen Folterkeller denken, was sicher auch seinen Reiz hätte.
Der Laden ist relativ leer. Oben waren schon kaum Gäste und hier unten
in dem kleinen Raum sind außer uns auch nur drei oder vier andere Gäste.
Julala erzählt mir, daß es hier normalerweise immer brechendvoll ist.
Hab ich ein Glück, daß wir an einem Wochentag hergekommen sind.
Meine Calzone und Julala's Nudeldingsbums kommen schon nach kurzer
Zeit und munden köstlich. Eigentlich wollte ich mir noch die Adresse
notieren, aber im anschließenden Fresskoma und der Unterhaltung mit meiner
Gastgeberin habe ich das dann vollkommen vergessen. Schade!
Aber wir haben ja noch Kontakt über die Couchsurfing Webseite, und so
habe ich die Adresse nachträglich auch in meinen Bericht einbauen können

Es ist nach zehn, als wir das Lokal verlassen und uns in ihre Wohnung begeben.
Kurz nachdem wir zurück sind, bereite ich auch alsbald meinen Schlafplatz für
die Nacht vor. Ich bin hundemüde. Einzig die Calzone liegt mir ein wenig
schwer im Magen, war wohl doch ein wenig zu spät dafür. Später in der
Nacht werde ich mir deshalb noch meinen Flachmann greifen und mit
ein wenig Scotch dem Schlaf nachhelfen.


Würzburg, Dienstag 2. Oktober 2007
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Es ist etwa 06:30h, als der schwarze Labrador Joe die Tür öffnet und zu
Julala ins Bettchen springt. Der Hund ist zu Hause darauf trainiert, die Familie
zu wecken, und so kann Jule es gerade noch verhindern, daß Joe auch mich
von der Matratze vertreibt. Wach bin ich trotzdem, aber ich drehe mich nochmal
um. Als ich etwa um halb neuen wieder erwache, bin ich allein im Raum.
Joe und Julala sind in der Küche. Eigentlich wollten wir heute zu Dritt die
Stadt erkunden und zu Fuß die Festung erklimmen. Aber Julala kämpft noch mit
ihrer Erkältung und wird deswegen zu Hause bleiben.

Schade eigentlich, aber als ich später auf der Festung bin (mit dem Auto),
bin ich doch froh, die paar Kilometer Höhenunterschied doch nicht zu Fuß
zurückgelegt zu haben. Sonst wäre ich nämlich vollkommen kaputt. Die Festung
ist echt schön, und noch gut in Schuss, aber schon das Besichtigen ist arg
anstrengend. Kaum auszumalen, wie anstrengend erst der Aufstieg gewesen wäre.
Von der Festungsmauer hat man einen ausgezeichneten Blick über die Stadt.
Leider hängen an diesem Tag die Wolken sehr tief, so daß der Blick auf die
Stadt etwas getrübt ist. Zu sehen auf den Fotos.

Nach dem Besuch der Festung habe ich mir dann den Würzburger Dom vorgenommen,
nicht einfach zu finden. Bayern ist voller Kirchen. Aber Julala gab mir noch
den Tip immer den Straßenbahnschienen zu folgen. Und so ging ich durch eine
belebte Innenstadt mit vielen jungen Leuten. Ich glaube, ich habe in kaum einer
Stadt so wenige alte Leute gesehen. Werden die hier tagsüber weggesperrt ?
Vorbei an McDonalds, Karstadt, Media Markt und vielen anderen bunten Geschäften
fand ich alsbald den Würzburger Dom. Nix dolles, eigentlich nur 'ne Kirche.
Nicht mal besonders groß, kein Vergleich zum Kölner Dom. Aber dennoch
schön eingerichtet, mit sehr viel Prunk aus Gold und Stuck. In der Nähe
des Eingangs lag ein großes Buch, in das die Gläubigen ihre Sorgen und
Wünsche schreiben konnten. Von dem Gedanken getrieben, dort etwas Boshaftes
hineinzuschreiben, blätterte ich ein wenig darin. Erstaunlich, was an nur einem
einzigen Tag dort an Wünschen und Danksagungen hinzukommt.

" Elendöss Otterngezycht! Hörrt sofort auf zu jammern und zu winseln!
Ös yst bessörr ouszubrennen als zu verblossen!! Denn wenn Ihr auf
dem Poden kriechet werdet Ihr alsbald Zerrträten wärden wie das
Gewürrmm daß ihr wahrhaftig seid!
                                                                                                        Hail Satan!"

Ja, das hätte ich doch zu gerne in dieses Büchlein geschrieben, doch leider hatte
ich keinen roten Kugelschreiber zur Hand, so ein Mist! Aber wenn ich das recht bedenke,
dann hätte die Sache für mich auch ein sehr unerfreuliches Ende nehmen können.
Vollkommen in Schwarz gekleidet, mit einem Pentagram um den Hals?
Und noch dazu in Bayern, die hätten mich glatt auf den Scheiterhaufen
werfen können! Ich bin sicher, in Bayern gibt es sowas noch heute.
Die haben mich sowieso schon so komisch angesehen, dabei bin ich nun wirklich
nicht der Einzige, der hier in Schwarz rumrennt.

Nachdem ich nun etwas für meine kulturelle Bildung getan hatte, stand das
leibliche Wohl auf dem Programm. Die Segnungen der Zivilisation haben auch
Würzburg nicht verschont, so daß es kein Problem war, McDonalds zu finden.
Schließlich war ich doch schon vorher daran vorbeigekommen, als ich den
Schienen gefolgt bin. Putzig, wie McDreck es doch immer wieder schafft,
seine Zelte am Ende einer Straße aufzuschlagen, dort wo sich alle Blicke
treffen. Ein Burger King habe ich vergeblich gesucht. Gibts zwar,
aber beide zu weit außerhalb für den knurrenden Magen.

Nachdem ich mich gestärkt hatte, habe ich einen Verdauungsspaziergang
zum Residenzpark gemacht. Wieder einmal quer durch die Stadt. Wirklich schön
angelegt, sehr gut gepflegt, war durchaus den Marsch Wert. Aber schon ein
bißchen klein. Die Anlage selbst soll UNO Weltkulturerbe sein, hat Julala mir
noch erzählt. Leider war es schon etwas spät, so daß ich nicht hinein konnte.
Naja, vielleicht nächstes Mal. Mittlerweile hatte ich auch keine Lust mehr
zu laufen. Zurück in meiner Unterkunft packte ich noch alle Sachen, die nicht
noch dringend gebraucht wurden, zusammen und ab ins Auto. Mittlerweile kannte
ich ja die Stadt, und hatte einen Parkplatz der weit weniger entfernt war.


Würzburg, Mittwoch 3. Oktober 2007 (Tag der deutschen Einheit)   Route mit GoogleEarth
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Heute ist es sehr viel ruhiger draußen auf der Straße. Man merkt, daß
ein Feiertag ist. Kein Presslufthammer, keine LKW und auch die Leute auf
der Straße scheinen eher zu flüstern. Einzig 'Joe' nimmt seine
Aufgabe, alle zu wecken, wahr. Aber das macht nix, denn heute
*will* ich ja früher los.

Als ich mich kurz nach acht von der Matratze rolle, ist Julala schon auf
und geht gerade mit Joe Gassi. Also setze ich mich in die Küche,
stiere ins Nichts und warte bei einem Glas O-Saft bis ich wach werde.
Es dauert nicht lange, da kommt sie zurück und strahlt mich mit diesem
ansteckendem Lächeln an. Und ich beginne zu spüren, wie ich wach werde.
Wir schnacken noch ein bißchen über alle möglichen Dinge, bis alle
meine Lebensgeister vollends erwacht sind. So langsam wird es Zeit für mich.
Als ich mich verabschiede, ist es draußen wolkenverhangen. Auch in Würzburg ist
das Wetter nicht besser als in Hamburg. Mal Sonne, mal Regen, das ganze Jahr
über Aprilwetter.

Den Rucksack mit dem Laptop und dem ganzen anderen Technikgedöns
auf der Schulter und meinen beiden Wolldecken unterm Arm trotte ich
entspannt meinem Auto entgegen. Hoffentlich scheint wenigstens in
Österreich die Sonne. Mein nächstes Ziel heißt Seeboden und liegt
am Millstätter See in der Nähe von Spittal. Einen Couchsurfing Gastgeber
direkt in Klagenfurt war in der Kürze der Zeit leider nicht mehr zu bekommen.
Aber ich bin ja auch hier, um Land und Leute zu sehen. Von Seeboden aus
sind es eh nur 73 km bis Klagenfurt. Etwa gegen halb zehn sitze ich im Auto
und starte in Richtung Österreich.

Die Autobahnfahrt verläuft ohne Probleme, eine Baustelle mal hier und da.
Aber im Großen & Ganzen komme ich prima durch. Jedenfalls solange
ich durch Deutschland fahre. In Österreich sind die Autobahnen mautpflichtig
und so bin ich ganz froh, als mein Navi mich vor der östereicheischen Grenze
über Landstraßen ins Land lotst. Der Übergang Deutschland/Österreich
verläuft schleichend. Man kann nur vermuten, daß die Häuser
am Staßenrand früher einmal der Zollabfertigung dienten. Das ich
tatsächlich in Österreich bin, merke ich am Deutlichsten an
den Spritpreisen. Superbenzin, das mein V6-Monster so gerne säuft, kostet
hier teilweise nur €1,13 gegenüber €1,36 in Deutschland. Auf der
Autobahn meine ich sogar schon €1,60 gesehen zu haben.

So kommt es, daß ich kaum erstaunt bin, daß sich hunderte von PKW
auf den ersten 5 Tankstellen drängeln. Hätte ich das vorher gewusst,
dann hätte ich vorhin auch nur für €20 getankt. Aber was solls, viel
schlimmer ist, daß mir der Magen grummelt. Mittlerweile ist es Mittag durch
und ich würde wirklich gerne mal rechts ranfahren, anhalten und die Kühltasche
plündern, die ich extra zu diesem Zweck bestückt habe.

Aber ehe ich mich versehe, bin ich schon mitten in der Altstadt von Salzburg.
Die Straßen sind voller Touristen und Andenkenläden. Vorwärts komme
ich jetzt nur noch im Schrittempo. Verfluchtes Navi, was soll der Scheiß?
Salzburg ist schön, irgendwann wollte ich eh einmal herkommen, jetzt aber
bin ich nur auf der Durchreise! Durch tausend kleine Kackstraßen quäle ich mich
und bekomme langsam den Eindruck, daß auch mein Navi sich verirrt hat. Mein
Orientierungssinn meldet, daß ich mir gerade jede Straße einzeln ansehe,
außerdem stehe ich mehr als das ich mich bewege. Der GPS-Empfang scheint
gestört zu sein, denn ich bekomme widersprüchliche Umgebungsinformationen.
Langsam wird es mir zu bunt. Ich fahre das Auto, und kein scheiß Computer!
Möglicherweise ist es auch der Hunger, der mich langsam gallig werden läßt.
Deshalb setzte ich meinen Willen durch und fahre schnurstracks in eine Richtung.
Egal, was das Navi sagt. Und siehe da, es wird hell. Ich lasse die dunklen
Straßenschluchten hinter mir, vorbei an langsam sich hinwälzenden Autokolonnen
raus in die Natur, jetzt bin ich frei! Endlich frei!

Notiz für mich: Dem Navi in der Innenstadt nicht mehr unbedingt vertrauen!

Jetzt sieht endlich alles aus wie im Fernsehen, hohe Berge, tiefe Schluchten,
und da ist auch eine Bushaltestelle, wo ich halten und mir was zu Beißen
aus dem Kofferraum holen kann. Jetzt wird alles besser.
Nach dieser kurzen Pause steigt auch meine Stimmung wieder.
An der nächsten Tankstelle halte ich an, um mich für die Weiterfahrt mit etwas
Knabberkram einzudecken.

Es ist eine sehr kleine Tankstelle, an der ich halte. Kaum groß genug für drei
Autos; Zwei Tankplätze, eine Luft- und Wasserstation. Da mein Tank noch so gut
wie voll ist, lasse ich die Zapfsäulen links liegen und quetsche mich rechts auf den
Miniplatz. Aber, es ist eine Dorftankstelle, ach was sag ich. Mitten im Nirgendwo
in der Einöde Österreichs. Hinter den zwei Zapfsäulen kein Verkaufsraum mit
Supermarktqualitäten wie in Deutschland, sondern eine Opel Werkstatt.
Okay, also nix mit Schokoriegel & Gummibärchen.
Dann will ich wenigstens meinen Kaffee wegbringen. Eine ca. 80-Jährige, die aussieht als
würde sie sonst Reklame für Müllermilch im Fernsehen machen, ist die einzige Angestellte, die ich sehe.
Sie hat gerade zwei Motoradfahrer bedient, als sie mich bemerkt.

"Was woitsn?" fragt sie mich.
"Schiffen!" entgegne ich und mache das internationale Zeichen für Wasserlassen.
Sie erklärt mir, daß ich durch die Werkstatt müsse, immer der roten Linie auf dem
Boden folgend. Naja, daß kann ja nicht so schwer sein. Da ist tatsächlich eine rote
Linie. Aber was mich hinter dem Gebäude erwartet, überrascht mich dann doch.
Ein kleines in Stein gemauertes Klohäußchen, daß den Eindruck erweckt es wäre
seit 1945 nicht mehr benutzt worden. Hätte ich eigentlich knipsen sollen, wäre es
Wert gewesen. Aber wie immer kommen einem solche Ideen erst, wenn man schon
Kilometer weit weg ist.

Apropos... Österreich ist ja eigentlich gar nicht mal so sehr groß.
Aber wenn man stundenlang die Landstraßen rauf und runter geigt, hat man
das Gefühl, einen Kontinent zu durchqueren. Es nimmt einfach kein Ende.
Aber die Langeweile findet ein abruptes Ende, als ich in die Alpen komme und
auf der B99 über Untertauern den Tauernpass erklimme.

Meine Fresse geht das hier steil bergan, aber mein alter Ford kämpft sich wacker
hinauf. Ein PKW mit Wohnanhänger vor mir hat da schon mehr Probleme.
Aber den überhole ich schwungvoll noch im zweiten Gang.
Aber ich muss schon fast Vollgas fahren, um meine Geschwindigkeit zu halten.
Ich errinnere mich dunkel, wie es hier früher ausgesehen hat, als ich mit
meinen Eltern nach Italien gefahren bin. Damals war ich etwa sieben oder acht.
Aber ich errinnere mich noch gut, daß es ein aufregender Trip war, und wir
kaum voran kamen, weil immer ein PS schwacher oder ängstlicher Autofahrer
vor uns war.

Es ist schon eine ganze Ecke bis zum Gipfel, aber zum Glück ist hier kaum Verkehr.
Natürlich hätte ich auch den Tunnel nehmen können, aber den Trip hier entlang
wollte ich wenigstens einmal gemacht haben!
Lediglich kurz kommen mir Zweifel, ob das wirklich so eine gute Idee war, als ein
Ministau aus zwei Fahrzeugen vor mir auftaucht. Ein VW Lupo und davor ein Laster,
der einen haufen Eisenstangen geladen hat. Der Lupo ist schon im Stadtverkehr
*keine* Rakete, die Strecke verläuft immer wieder in Kurven und ab und zu kommt
auch mal Gegenverkehr. Überholen ist also erstmal nicht möglich!
Der Laster wird immer langsamer, bleibt schließlich ganz stehen.
Fährt wieder an, bleibt wieder stehen.
Jetzt zieht der Lupo vorbei, ich gleich hinterher vorbei an dem Laster und überhole
den Kleinen gleich mit. Und gerade als ich denke, was bin ich doch für'n Held
zischt dieser Porsche Cayenne auf der gleichen Steigung an mir vorbei, als wäre
es nix. Wie sagte doch gleich Obiwan Kenobi in Star Wars Episode I ?
"There is always a bigger Fish!"

Kurz darauf durchquere ich den Ort Obertauern, ein Touristenkaff wie es im Buche
steht. Grauenhaft. Im Winter ist hier sicher die Hölle los, überall sehe ich Skilifte,
Hotels und Gaststätten. Jetzt aber ist kaum ein Mensch zu sehen. Und so rolle
ich wieder den Berg herunter. Vorbei an vielen Schildern, die mir raten, nur im
ersten Gang zu fahren. Quark! Ich fahre so wie's mir passt! Nach dem Gekrieche
aufwärts will ich mal wieder ein bißchen Stoff geben. Kann ja Sprit sparen,
geht ja nur noch bergab von jetzt ab!

Hmmpf!
Schon wieder so ein Schnarchsack vor mir. Na gut, von vorn kommt ja nix,
außerdem gehts bergab, kann ich ja fix überholen.
Ha! Das hat ja prima geklappt.. Oh, da vorne kommt wieder eine Kurve.
Na, langsam, mal was bremsen.

Oh!

Oh, oh!

Puuhh.. gerade noch mal geschafft!
Na, ich fahre wohl doch besser etwas langsamer.. und vorsichtiger..
Zweiter Gang, die Maschine heult, ich stehe fast nur noch auf der Bremse.
Es macht mächtig Spaß, aber die Fahrt ist auch eine echte Herausforderung.
Was riecht hier so merkwürdig?
Sind das meine Bremsen ?
Viel Belag war ja nicht mehr auf den Klötzen, als ich in Hamburg losgefahren bin.
Vielleicht hätte ich sie ja doch noch wechseln sollen ?
Die neuen Bremsklötze liegen jetzt im Kofferraum, weil ich keinen 7'er Imbus
da hatte, um damit die Bremssättel zu lösen.
Naja, 4 mm reicht ja eigentlich noch, hatte ich mir damals überlegt.

Also, in diesem Augenblick denke ich doch ein klein wenig anders darüber!
Aber noch bremst die Karre ja. Bremsfading ist dank Scheibenbremsen vorn und hinten
nahezu ausgeschlossen, einzig und allein die Bremsflüssigkeit könnte kochen,
aber... oh! Ohh..! Die ist ja auch schon mindestens sechs Jahre drin!
Eigentlich sollte man das Zeug alle zwei Jahre komplett wechseln!

Aber bevor mir noch mehr Wartungssünden bewusst werden, habe ich den Pass
bereits hinter mir gelassen. Bis Seeboden sind es nur noch ein paar Kilometer.
Ich bin schon gespannt auf meine zweite Couchsurfing Gastgeberin, Kathrin.
Bei meiner kurzen Würstchenpause hinter Salzburg hatte ich sie angerufen
und mein Kommen für ca. 17:00h avisiert.

Irgendwie klang sie leicht verschlafen, nachmittags um halb drei. Aber vielleicht
war sie auch nur etwas zugedröhnt? Naja, mir egal, ich hab kein Problem mit Drogen.
Als ich in Seeboden eintreffe, kann ich mir den Ort gar nicht so schnell angucken,
wie ich mein Ziel erreiche. Das Navi hat mich zielsicher zu der angegebenen Adresse
geführt. Während ich die Hausnummer suche, durchstreife ich ein Neubaugebiet.
Schöne Häuser, macht einen guten Eindruck die Gegend. Lidl und Spar gleich gegenüber.
Drei Tankstellen die Straße hinauf, einzig der Millstätter See ist nicht in Sichtweite.
Endlich bin ich da. Und jede Menge Parkplätze gibt es hier!

Ohne Gepäck mache ich mich zu Fuß auf den Weg und umrunde das vierstöckige Haus.
Am Hauseingang suche ich den Namen auf der Klingeltafel. Nanu? Wo ist sie denn?
Schnell nochmal im PDA nachgucken, ob ich auch an der richtigen Adresse bin.
Eine ältere Frau kommt vorbei und schließt die Haustür auf.
Von ihr erfahre ich, daß ich richtig bin. Kathrin hat die Wohnung offenbar erst vor
Kurzem übernommen, so daß noch der Name der Vormieterin auf der Klingel steht.

Kathrin in Österreich Nachdem das geklärt ist, drücke ich den entsprechenden Knopf.
Wieder höre ich diese merkwürdig verschlafene Stimme oder bilde ich
mir das jetzt nur ein ? "Hallo, hier ist Jens, dein Couchsurfer", melde ich mich.
Der Türsummer summt und ich steige erfrischende vier Stockwerke empor, bis mich
eine etwa 1,60m kleine und zierliche junge Frau begrüßt.

Bald wird mir klar, warum Kathrin am Telefon so "müde" bzw. "zugedröhnt" wirkte.
Sie hat eine schwere Erkrankung der Bronchien, die noch dazu ansteckend
sein soll, so sagt sie. Aus diesem Grund hat sie auch ihren dreijährigen
Sohn vorrübergehend ausquartiert. Mich hat sie noch per Mail informiert,
aber da ich ja schon seit drei Tagen unterwegs bin, hat mich das natürlich nicht erreicht.
Irgendwie bin ich aber auch froh darüber, daß hier kein kleines Kind um mich
rumschleicht, kreischt und sabbert. Außerdem bekomme ich die Klappcouch im Kinderzimmer.
Wie wäre das wohl gewesen, wenn der Kleine da gewesen wäre ?
Brrrrr... ein Gedanke wie kreischende Fingernägel auf einer Schiefertafel.

Auch mit Kathrin verstehe ich mich auf Anhieb. Eigentlich hatte ich aber auch
nichts anderes erwartet. Wer sein Heim einem Fremden zur Verfügung stellt,
muss vom Charakter her schon aufgeschlossen und vorurteilsfrei sein.
Mit solchen Menschen habe ich mich schon immer gut verstanden.
Wir sitzen ein gutes Stündchen zusammen. Ich erfahre viel über Kathrin,
z.B. daß sie schon viele Couchsurfer zu Gast hatte, selbst aber selten von dieser
Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Das Knurren meines Magens wird jedoch immer
lauter und zwingt mich alsbald, die angenehme Plauderei zu beenden. Passt vielleicht
auch ganz gut, Kathrin hat sich immer weiter in ihre Wolldecke auf dem Sofa
eingerollt. Die Medikamente gegen ihre Bronchitis machen sie ein bißchen k.o.
Sie empfiehlt mir noch ein Lokal im Ort, bevor sie sich die Decke über die Ohren
zieht und ich mich entferne. Ich greife mir noch den fremden Haustürschlüssel und
dann bin ich auch schon auf dem Weg in den Ort. Ich verlasse die Wohnsiedlung und
überquere den Kreisverkehr, über den ich vorhin angekommen bin.
Es ist schon dunkel, aber alles ist hell erleuchtet. Die Hauptstraße führt
wildwestlike mitten durch den Ort, links und rechts säumen sich die Geschäfte.
Dahinter gähnende Leere, bei Tageslicht sieht man die Berge mit vereinzelten
Häusern hier und da. Links von mir erstreckt sich ein großer Parkplatz für
die Kunden vom Lidl. Etwas weiter die Straße hinauf kommt ein großer Sparmarkt
auf der rechten Seite, mit einem mindestens ebenso großen Parkplatz.
Kathrin hatte mir vorhin noch gesagt, daß der Ort überfrachtet sei
mit Geschäften. Aber wie das in der Provinz so ist, haben die jetzt abends um
sieben Uhr natürlich alle schon zu. Aber das juckt mich nicht, denn ich brauche
ja nichts. Aber Hunger habe ich jetzt, verdammte Axt!
Okay, weder McDonalds noch Burger King sind in Sicht, ich bin also weiter von der
Zivilisation entfernt als ich dachte. Aber dafür läuft auf den Straßen auch
kein Pack rum. Nun ja, ist ja auch außerhalb der Saison.
Ich bewege mich weiter auf der Hauptstraße in Richtung Ortsmitte, vorbei an
sage und schreibe drei Tankstellen. Alle drei liegen in unmittelbarer Nähe
zueinander. Ohne die Touristenströme wären die sicher längst alle Pleite.

Ebenso wie das Minishoppingcenter, das etwa 100 Meter lang ist und einen großen
Platz umschließt, der mit weißen Steinen gepflastert ist. Wenn sich das alles
rechnen soll, muss hier im Sommer echt was los sein. Jetzt wirkt das Ganze nur
kalt, steril und fad. Rechts finde ich den "Postwirt", den mir Kathrin
empfohlen hat. Na, mal sehen, ob der auch was taugt. Das Lokal, ja eigentlich der
ganze Ort ist bevölkert von sehr vielen alten Leuten. Von der Bedienung vielleicht
mal abgesehen ist hier niemand unter 60. Als ich das Restaurant auf der Suche nach
einem Platz durchstreife, werde ich von allen ignoriert. Offenbar ist man hier viel
Kundschaft gewohnt und muss sich daher nicht um jeden Gast einzeln kümmern.
Aber das ändert sich schlagartig, als ich mich an irgendeinen Tisch setze.
Eine Frau Anfang fünfzig, die aussieht als gehört ihr der Laden, reicht mir die Karte
und nimmt meine Bestellung entgegen. Da ich draußen schon mal einen Blick auf
Preise und Angebot geworfen habe, weiß ich schon was ich will und bestelle
einen "Hexenspieß" und 'ne Cola. Eigentlich könnte ich mir ja
auch ein Bier gönnen, aber andererseits möchte ich meiner Gastgeberin nicht
meine Bierfahne ins Gesicht hängen.

Was jetzt kommt, würde ich laienhaft als typisch "österreiches" betiteln.
Ein hochgewachsener schlanker Mann, ebenfalls so um die fünfzig, der seine
Haare scheinbar mit Motoröl glatt nach hinten gestriegelt hat, tapert um die
Tische und spricht mit den paar Gästen, die anwesend sind.
"Gut'n Aaabend Gnä' Frau, der Härr" Blablabla, schnickschnack.
Seine Rede ist ebenso geölt wie sein Haar, ich muss an alte Filme denken
und sehe den Mann förmlich in schwarz/weiss vor mir. Ein echtes Original.

Doch was ist das? Meine Heiterkeit wird jäh unterbrochen von einer Familie
mit Kind, die soeben die Plattform entern. Grmblfx! Die setzen sich ja genau
gegenüber im Raum, quasi mir direkt vor die Nase! Also so geht das nicht.
Das Kind quengelt, die Frau kichert und gluckst, der Kerl scheint schwerhörig
zu sein, so laut wie er spricht.
Der Raum ist groß genug, etwa zehn mal zwanzig Meter. Und so suche ich den
am weitesten entfernten Platz im Lokal und greife meine Jacke. Da kommt auch
schon mein Essen. Heute lerne ich das ganze Personal kennen. Die Kellnerin ist
vielleicht Mitte Zwanzig und rauscht heran, als würden 100 andere hungrige Mäuler
warten. "Ich ziehe um, dorthin" sage ich im Gehen. Sie guckt ein bißchen
verwirrt, aber trabt mir schließlich mit dem Futter hinterher.
Ahh.. hier herrscht Ruhe! Der Gelackte patroulliert nicht auf dieser Route,
und auch sonst sitzt hier niemand außer mir. Ich habe echt einen garstigen
Hunger, und so schlinge ich ohne Rücksicht auf gute Manieren den "Hexenspieß"
nebst Beilage hinunter. War okay, irgendwie altdeutsch, aber okay.

Durch das zwangsläufig darauf folgende Fresskoma erinnere ich mich heute nur
noch schleierhaft, daß ich wohl noch gezahlt habe und dann gegangen bin.
Der Ort war groß genug für einen Verdauunsspaziergang. Aber diese Details
sind nun wirklich zu langweilig, um sie hier zu schildern. Der restliche Abend verlief
weitestgehend ereignislos.


Seeboden, Österreich, Donnerstag 4. Oktober 2007   Route mit GoogleEarth
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Kurz vor acht werde ich wach. Die Sonne scheint hell, und durch das offene Fenster
weht ein kühler Wind herein. Kathrin hat mich darauf vorbereitet, daß sie früh
die Wohnung verlassen würde, um bei ihrem Kind zu sein. Also komme ich dem Beispiel
meiner Vorgänger gleich und schreibe Ihr eine Notiz zum Abschied. Es ist lange her, daß
ich mit meiner Hand mehr als nur meine Unterschrift geschrieben habe. Bisweilen habe
ich eine elende Sauklaue, die ich nicht mal selbst lesen kann. Deshalb bin ich schon
vor langer Zeit dazu übergegangen, Druckbuchstaben zu schreiben. Das klappt ganz gut,
sieht aber trotzdem aus wie Sau. So früh am Morgen schlummert meine kreative Ader noch
und lechzt nach einem großen Becher Kaffee. Also schreibe ich, was mir eben gerade
einfällt und mache mich auf den Weg. Bei soviel Tourismusindustrie muss es doch
auch einen Laden geben, wo man frühstücken kann. Aber weit gefehlt, einzig der
Bäcker bietet etwas Derartiges an. Kathrin hat mir zwar angeboten, daß ich mich
aus dem reichhaltig bestücktem Kühlschrank bedienen kann, aber auf den ersten
Blick finde ich nichts, was mich reizt. Zu gesund, keine Wurst, sind denn plötzlich
alle Vegetarier geworden? Beim Bäcker gibts Kaffee und ein trockenes Brötchen mit
Käse. Nicht das, was mir vorschwebte, aber immer noch besser, als den ganzen Morgen
von Dorf zu Dorf zu tingeln, auf der Suche nach einem guten Frühstück.

Mich tröstet der Gedanke, daß ich meine nächste Nacht in einem Hotel mit Frühstück
verbringen werde. Vorbeugenderweise habe ich für alle Zielorte Hotels ausgewählt.
Wäre eine Couch, aus welchem Grund auch immer, weggefallen hätte ich nicht im Wagen
schlafen müssen. Nach einem ganzen Tag auf der Autobahn und Landstraße habe ich
schließlich auch keinen Bock mehr. mir noch ein Hotel zu suchen. Deshalb habe ich
vor meiner Abfahrt über den HotelReservierungsService http://www.hrs.de
nach Hotels mit eigenem Parkplatz, Internetanschluß und Frühstück gesucht.

In Klagenfurt habe ich mich für das "Schloßhotel" entschieden.
Auf dem Foto war es ein mächtig imposanter Holzbau. Mit einem Schloß hat es zwar
nichts zu tun, aber in der Nähe sollen gleich ein paar davon sein. Das Hotel liegt direkt
am Wörthersee, ist wie schon gesagt komplett aus Holz gebaut, drei Stockwerke hoch
und besteht eigentlich aus zwei Gebäuden, die miteinander durch einen flachen
Mittelteil verbunden sind, in dem sich ein Restaurant befindet. Das ganze Ding
ist in einem Quietschgelb angestrichen, daß in einem starken Kontrast zu den schwarzen
Trage- und Stützbalken der Fachwerkkonstruktion steht.

So, wie der Schuppen aussieht, ist er mindestens schon hundert, wenn nicht zweihundert
Jahre alt. Nachdem ich eingecheckt habe, gehe ich auf mein Zimmer. Es hat einen
kleinen Balkon mit Blick auf den Wörthersee. Eine Liege steht nicht auf dem Balkon,
wohl aber drei Stühle. Jetzt sehe ich auch die Bahngleise, waren mir vorhin gar nicht
aufgefallen, als ich von der gut befahrenen Straße auf den Hotelparkplatz abbog.
Aber jetzt, wo der Zug vorbeidonnert, kann ich mir vorstellen, warum das Zimmer mit
€40,-- so vergleichsweise günstig war. Zugang zum See gibt es auch nicht recht.
Der See ist zwar so nah, das ich Steine hineinwerfen könnte, wenn ich welche hätte,
aber zugebaut mit einem Bootshafen, Bäumen, Gestrüpp und Häusern. Naja, ich will
ja auch nicht baden. Das Zimmer wird durch eine Doppeltür vom Balkon getrennt.
Leider kann man diese beiden Türen nicht abschließen, vom Nachbarzimmer könnte
man also locker bei mir einsteigen, ohne das Einbruchspuren blieben.
Gut, daß ich die Technik noch im Auto gelassen habe.
Aber wenigsten schließen die Balkontüren schön schalldicht.

Es ist noch früh am Tag, so etwa 11:00h vormittags. Aber insgesammt gesehen wird
die Zeit langsam knapp. Es ist schon Donnerstag und *eigentlich* wollte ich mir auf
dem Rückweg ja noch Wien, Prag, Dresden, Stettin und Stralsund ansehen.
Weil Klagenfurt ja nur einen Katzenwurf weit von Seeboden entfernt ist, bleibt mir also
heute noch der ganze Tag, um mir die Stadt, wegen der ich ja überhaupt erst losgefahren
bin, anzusehen.   Route mit GoogleEarth
Klagenfurt
Also fix das Navi auf Stadtzentrum Klagenfurt eingestellt und los gehts.
Die Straße, auf der ich gekommen bin, führt geradewegs in die Stadt hinein.
Die Fahrt ist diesmal nicht so stressig, wie die in Salzburg. Vermutlich,
weil ich diesmal tatsächlich ins Stadtzentrum hinein will und nicht hindurch
oder drumherum. Einen Parkplatz sucht man hier vergeblich, aber damit habe ich
gerechnet. Der Ort hat nur 92.000 Einwohner, die sich aber offenbar alle in den
mittelalterlichen Grenzen der Stadt tummeln. Die Straßen wirken nicht ganz so eng
wie in Salzburg. Es kann aber auch sein, daß mir das nur so vorkommt, weil ich diesmal
weniger genervt bin. Es ist mein erklärtes Ziel, mir die Stadt anzusehen.
Deshalb bin ich in Hamburg aufgebrochen und deshalb scheue ich auch nicht
die Kosten der Tiefgarage unter dem Lindwurm Denkmal, mitten im Herzen der Stadt.

Hey, fantastisch, hier kann man sogar mit Kreditkarte zahlen. Dann brauche ich keinen
Gedanken an Kleingeldfummelei zu verschwenden und mich ganz der Besichtigung
widmen. Hmm.. tja, aber... was soll ich sagen. Ich bin wohl ein paar Stunden durch die
Stadt marschiert, hab letztendlich €10,50 fürs Parken bezahlt, aber nur ein einziges
Foto von der Stadt geschossen.
Gerne würde ich jetzt schreiben, Klagenfurt ist eine schöne Stadt, die die Reise
Wert war, aber das wäre gelogen. Klagenfurt ist einfach nur eine moderne Großstadt
mit vielen bunten Geschäften. Tja, Pech gehabt.

Auf dem Rückweg zu meinem Hotel komme ich noch an einem Wegweiser zu einer
Sehenwürdigkeit vorbei. Na, jedenfalls sah das Schild so aus: Schloss Freyenthurn.
Es ist noch früh am Nachmittag und so biege ich von der Hauptstraße ab und fahre
den Weg zum Schloss. Erst bergab, dann unter einer Brücke unterdurch, und wieder
bergauf zu einem Punkt weit oberhalb der Straße, wie es sich für so ein richtiges
Schloss gehört. Dann ist der Weg geradeaus durch eine Schranke blockiert, die wohl
nur der Förster öffnen kann, denn der Weg führt in den Wald. Nach rechts hingegen
führt die Straße weiter zum Schloss hinauf. Hier jedoch stoße ich auf ein Schild,
das mich doch ein wenig verwirrt. "Privatbesitz - Durchfahrt verboten!"

Wie jetzt? Was sollte dann der Hinweis auf eine Sehenswürdigkeit? Wollen die mich
verarschen? Ein Taxi kommt die Einfahrt herunter und hält mitten auf der Straße.
Der Fahrer steigt aus und telefoniert mit seinem Handy, während er um den Wagen herum
geht und irgendwas guckt. Ich bin mittlerweile ebenfalls ausgestiegen und blättere
im Prospekt, den ich mir bei der Touristen Information in Klagenfurt geholt habe.
Auch hier ist Schloss Freyenthurn verzeichnet, aber sonst nix.

Als ich auf den Taxifahrer zugehe, hat der gerade sein Gespräch beendet.
"Was soll'n der Scheiß", frage ich ihn "Ist das hier jetzt zu besichtigen, oder nicht?".
"Joah", meint er "Besichtgen kannst des schoa'. Zahlst ahunnertdraissg Oiiro und
deen kannst am Bankeett Tailnemma! Des ies a Borrdell."
Sprachs und verschwand.

Soso, denke ich mir.. ist ja wie in Hamburg, hier tut man wirklich alles für die Touristen.
Dann passt das mit der "Sehenswürdigkeit" ja doch, also irgendwie.
Na gut, direkt "zum Bordell" an die Straße zu schreiben geht in Österreich wohl doch
nicht. Habe ich andererseits in Hamburg aber auch noch nie gesehen.

Zurück im Hotel bin ich doch ein wenig angefressen. Die Gegend ist voll für'n Arsch!
Die Stadt war scheißlangweilig, im Fernsehen läuft auch nur der gleiche Schrott wie
immer und das Futter im Restaurant war nur durchschnittlich, aber dafür recht teuer.
Also fahre ich schnell zur Tanke, greife mir zwei Bier aus dem Kühlregal und nehme
bei der Gelegenheit auch gleich noch ein "Pickerl", wie man die Autobahnvignetten
hier nennt, für die Rückreise mit. Ich habe schon mein Geld in der Hand, da fragt
mich der Kassierer "Ubhoitn?"
Was? Wen will er abhäuten ?

Das Fragezeichen in meinem Gesicht quittiert er mit einem erneuten "Uuhbheitn!"
Wie jetzt, will er irgendwas updaten ? Wieder gehe ich im Kopf alle phonetisch
ähnlich klingenden Wörter durch. Das könnte alles Mögliche heißen, aber nichts
erscheint mir plausibel. Auch ein dritter Versuch gelingt nicht.
Das schreit nach Notwehr!

"Meine Unterhose hat einen Gummizug!" sage ich schließlich.
"Woss??" Breitseite.
"Yo, mien Dschung, wenn ick op Platt snak kannst mich och nicht verstohn".
Versenkt, der Gesichtsausdruck ist Gold Wert!

Natürlich spreche ich kein Wort Plattdeutsch, aber das weiß der ja nicht. Und
Zitate von den Simpsons scheinen hier in der Pampa auch unbekannt zu sein.

"Sehen Sie, genauso ging mir das auch eben grade, ich habe kein Wort verstanden,
von dem was sie gesagt haben." Ich will ihm schon in formvollendeter Höflichkeit
anbieten, mir sein Anliegen auf Englisch vorzutragen, da reißt er sich zusammen
und fragt im allerbesten Hochdeutsch: "Ab wann möchten sie denn losfahren?"
Na, bitte.. geht doch!

"Ach so, ja äh, Morgen, nä?" entgegne ich. "Ubhoitn?" heißt also "Ab heute?"

Er knippst mir wortlos zwei Löcher in meine Vignette, kassiert und sieht mich
sparsam an, aus seinen zwei kleinen Knopfaugen. Ich greife mir mein Zeug und
verlasse leise in mich hineingrinsend den Ort des Geschehens.

Derart guter Stimmung fange ich im Hotel an, diesen Reisebericht zu schreiben.
Ich habe auf meiner Reise so viele tolle Sachen erlebt, die selbst mit einer Videokamera
nicht so hätten eingefangen werden können, wie ich sie hier geschildert habe.
Dazu bei, trägt natürlich auch das intensive Lob, von jedem der mein Geschreibsel
bisher gelesen hat. Vielleicht wird aus mir ja doch noch irgendwann mal ein Schriftsteller.

Als ich meine Reisememoiren schreibe, vergesse ich alles um mich herum.
Kommt die Bahn noch vorbei? Keine Ahnung, wohl nicht. Deshalb öffne ich
wie selbstverständlich die Balkontüren über Nacht, um sie ebenso selbstverständlich
wieder zu schließen, als der Zug mich das zweite Mal aus dem Schlaf reißt.
Grmblfx!
Ach, egal.. beim nächsten Hotel wird alles besser... Hoffentlich!


Klagenfurt, Österreich, Freitag 5. Oktober 2007   Route mit GoogleEarth
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Die Nacht war kurz, die Sonne scheint hell und kraftvoll durchs Fenster.
Es ist 07:30h. Tatendrang flammt in mir auf und der Gedanke an ein ordentliches
Frühstück treibt mich in den Frühstücksaal.
Um diese Jahreszeit ist der Saal fast vollkommen leer. Nur die Rezeptionistin und noch
zwei oder drei andere Gäste sitzen in diesem riesigen Raum, der sicher auch hundert
Gästen Platz bieten würde. Während ich über den knarzenden Holzfußboden auf
das Büffet zugehe, fallen mir die großen lichtspendenden Fenster zu meiner Linken auf.
Draußen sind weitere Sitzplätze zu sehen, die von einer großen Zeltplane vor Sonne
und Regen geschützt werden. Die ganze Konstruktion muss schon seit Jahren nicht mehr
abgebaut worden sein, denn allerlei Grünzeug rankt um die Holzpfeiler und auf der Plane
entlang. Meine Vorfreude auf das Frühstück wird ein wenig durch das wenig üppige Angebot
gedämpft. Zwar gibt es mehrere Kaffeesorten, O-Saft, Wurst und Brötchen. Aber irgendwie
hatte ich mir von der Hotelküche mehr versprochen. Naja, hängt wohl auch mit der Saison
zusammen. Besser als in Seeboden beim Bäcker ist das hier allemal.

Nachdem ich mich gestärkt habe, checke ich aus und fahre los. Diesmal wird die
Fahrt nicht ganz so ereignisvoll, weil ich die Autobahn nehme. Kaum bin ich über
die Grenze und in Deutschland, fängt es stark an zu regnen. Nicht nur so ein bißchen
wie in Hamburg. Wenn es in Bayern erst einmal regnet, bekommt man eine Vorstellung
davon, warum die Leute in Süddeutschland noch an einen Gott glauben. Das Wasser stürzt
badewannenweise in einem sintflutartigen Regenfall auf das Land hernieder.
Aber dafür geht es auch vergleichsweise schnell wieder vorbei. Nicht so wie in Hamburg,
wo es manchmal tagelang nieseln kann, ohne aufzuhören.

Die Zeit vergeht wie im Flug. Längst hat es aufgehört zu regnen, als mich das Navi
von der Autobahn runter und in Richtung Bamberg führt. Mein Hotel liegt exakt 5,5 Kilometer
vor der Stadt in einem kleinen Dorf mit Namen Stegaurach. Es wirkt überraschend modern
und präsentiert sich als "Sporthotel", weil eine große Tennishalle und ein paar andere Dinge
an das Hotel angeschlossen sind, die ich aber nur kurz aus dem Augenwinkel wahrnehme.

Das Personal ist jung und wirkt hektisch. Ein kompletter Gegensatz zu den Leuten
in Klagenfurt. Das Einchecken geht flott; offenbar habe ich das letzte freie Zimmer
erwischt. Kann ich ein Schwein haben, sonst ginge die Suche erneut los.
Ich nehme also meinen Zimmerschlüssel in Empfang und mache mich auf den Weg.
Das Zimmer liegt im ersten Stock und macht einen frisch renovierten Eindruck.
Der Teppich liegt straff am Boden und geht sich barfuß sehr angenehm weich.
Ich werfe die Sporttasche mit dem wichtigsten Kram auf's Bett und gehe ans Fenster.
Keine Bahngleise in Sicht. Die Dorfstraße schlängelt sich am Hotel vorbei und macht
in der grünen Idylle auch einen eher beschaulichen Eindruck. Da gibts nix zu meckern.
Allerdings mündet mein Fenster nicht direkt zur Straße, weil davor eine kleine
Dachterrasse die Sicht versperrt. Jetzt brauche ich natürlich nicht den Blick auf
die Straße, aber der Gedanke, daß hier morgen früh die Hotelgäste beim Frühstück
sitzen werden und mir bei Ei und Butterbrot beim Schlafen zusehen, will mir nun so gar
nicht recht behagen. Also greife ich mir wieder meinen Kram und bin wieder beim
Hotelschlüsselherausgeber. Aber da ist nichts zu machen, ich habe tatsächlich das
allerletzte freie Zimmer erwischt. Da tröstet es mich wenig, daß es draußen schweinekalt
ist und deshalb wohl kaum einer Morgen früh auf der Terasse frühstücken wird.
Allein die Tatsache, daß da nachts einer bei mir einsteigen könnte, geht mir auf den Zeiger.

Zähneknirschend schleppe ich meine Tasche wieder auf's Zimmer und lasse diesmal
meinen müden Kadaver aufs Bett fallen. Das Fernsehprogramm heitert mich ein wenig
auf. Die haben hier nicht nur Kabelfernsehen, nein hier gibts auch fast so viel Programme
wie bei mir zu Hause im Kabel! Das Hotel in Klagenfurt hatte sogar Löffelfernsehen, aber
keine zehn Programme, von denen sogar noch einige doppelt waren.

Aber zum Fernsehen bin ich ja nicht hergekommen, und so mache ich mich alsbald auch
wieder auf den Weg. Das Navi führt mich wieder zuverlässig in die Innenstadt, aber
auch hier gibt es natürlich keine Parkplätze. Das Navi hält das Stadtzentrum für eine
Kreuzung, die etwas außerhalb liegt. Das kommt mir in sofern gelegen, als daß es hier
Parkplätze gibt. Und weil es schon halb Sieben ist, kostet mich das auch noch nix. Eigentlich
hätte ich bis Sieben noch ein Parkticket ziehen müssen, aber so Deutsch bin ich nun
auch wieder nicht. Es wird bald dunkel, deswegen speichere ich die GPS-Koordinaten
von dem Parkplatz im Navi. Ich bin mir zwar ziemlich sicher, daß ich mein Auto auch so
wiederfinden würde, aber weil ich ein bißchen kaputt bin, möchte ich auch gerne auf dem
kürzesten Weg zu meinem Wagen zurückkommen.

der Bamberger Dom Bamberg ist wirklich eine Reise wert. Schade, daß es schon dunkel ist.
Jetzt haben natürlich auch alle Museen und Ausstellungen geschlossen.
Mein Vater hatte mir noch empfohlen, die Folterkammer zu besichtigen, wo im
Mittelalter die Hexen zur Aussage ermutigt werden sollten. Aber zu dieser
vorgerückten Stunde kann man in Bamberg nicht einmal mehr Andenken kaufen.
Die Einzigen, die jetzt noch auf haben, sind die vielen Restaurants.
Also schlage ich meine Zähne beim Chinesen in eine wehrlose Ente und sehe
mir anschließend die Stadt im Dunklen an. Das ist immer noch beeindruckend.
Viele Häuser sind erleuchtet. Am Dom schleicht sogar eine als Nonne verkleidete
Frau mit einer Laterne durch die Gegend... oder war die echt? Keine Ahnung.

Nach einer Weile macht sich bei mir die Müdigkeit bemerkbar. Die nächtliche Finsternis,
der fette Chinese in meinem Bauch und über 500 km auf der Autobahn fordern ihren Tribut.
Wieder im Auto mache ich mir noch kurz 2-3 Gedanken, wie ich wieder in mein
Hotel komme. Bin ja doch ein paar mal abgebogen unterwegs. Wie hieß das Dorf noch?
Ach, egal.. das Auto findet schon seinen Weg.

Aber wieder führt mich das Navi durch die kleinsten verfügbaren Gassen.
Mooooment! Das hatten wir doch schon mal. Im Dunkeln ist es etwas schwieriger, die
korrekte Richtung einzuschlagen. Wie gut, daß im Navi auch ein Kompass ist.
Zehn Minuten später liege ich auf dem Hotelbett und zappe die Kanäle durch.
Eigentlich wollte ich ja meinen Reisebereicht weiterschreiben, aber so bin ich faul
vor der Glotze und plündere die Minibar.


Stegaurach bei Bamberg, Samstag 6. Oktober 2007   Route mit GoogleEarth
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Es ist noch vor 07:00h als ich Kindergeschrei vom Zimmer nebenan höre.
Da war die Eisenbahn ja noch erträglicher. Nebenan wird getobt und gepoltert.
Nächste Nacht wird alles besser, dann schlafe ich wieder in meinem eigenen Bett.
Naja, ab sieben gibts Frühstück. Also ziehe ich mich an und schleppe mich zerknittert
wie ich bin in den Frühstücksraum, der nicht mal annähernd so groß ist wie der in
Klagenfurt. Aber dafür ist er proppevoll. Das Büffet sieht einladend aus, aber wo zum
Teufel ist der Kaffee? Ich bin zwar noch nicht ganz wach, aber den Kaffee habe ich bis
jetzt noch immer gefunden. Keine Maschine, kein Automat und auch keine Kanne weit
und breit. Ja, das ist ein Sporthotel, aber die werden doch am frühen Morgen noch
keine Pillen schlucken, oder etwa doch?

Links von mir geht es in eine winzig kleine Küche, in der zwei superfette Frauen ihre
breiten Ärsche gequetscht haben. Die beiden müssen schon Hand in Hand arbeiten,
denn viel Platz zum Bewegen ist da nicht.

"Moin.." grunze ich, "Wo'sn der Kaffee?"
"Ich bringe Ihnen gleich ein Kännchen" trällert mir die eine Breitarschkuh in ihrem
schönsten "Guten-Morgen-Schatzi-Stimmchen" entgegen.
"Ach so geht das hier...", murmel ich mehr zu mir selbst und greife mir mein Frühstück
vom Büffet zusammen.

Naja, und dann bin ich irgendwann zurück nach Hamburg gefahren.
Göttingen habe ich dabei großzügig umschifft. Vielleicht wäre das gar nicht nötig
gewesen. Der Verkehrsfunk hat allerlei andere Meldungen gebracht, die einspurige
Brückenbaustelle wurde dabei nie erwähnt. Aber ich hatte einfach keinen Bock
mehr auf Stau. Deshalb habe ich den mittleren Umweg über die Landstraße gerne
in Kauf genommen. Wenn die Sonne scheint, macht Landstraße fahren ja auch viel
mehr Spaß. Und an diesem Tag hat sie in ihrer vollen Pracht geschienen.

Etwa gegen 16:00h bin ich dann zu Hause angekommen, ohne das unterwegs noch
etwas sonderlich Aufregendes oder Berichtenswertes passiert wäre.

FAZIT:
Couchsurfing ist eine tolle Sache, bei der man viele nette Leute kennen lernen und
dabei noch viel Geld sparen kann. Allerdings sollte man so eine Fahrt nicht bloß
drei Tage vorher planen, so wie ich das tat. Wenn ich das nächste Mal in den Urlaub
fahre oder fliege, werde ich auf jeden Fall wieder von dieser Möglichkeit Gebrauch
machen. Ich überlege tatsächlich, ob ich meine Couch nicht auch zur Verfügung stelle.

Urlaub mit dem Auto geführt, durch satellitengestützte GPS-Navigation, ist eine echte
Bereicherung. Einen echten Beifahrer oder noch besser eine Beifahrerin :-) kann sie
aber nicht vollständig ersetzen. Vier Augen sehen eben immer noch mehr als zwei.
Gerade im Stadtverkehr wäre ein/e Beifahrer/in sicher sehr von Vorteil gewesen.
Naja, und natürlich auch sonst so... ;-)

E N D E .


Einen herzlichen Dank an Manuela, für das herauspicken meiner kreativen
Rechtschreibfehler. Wer jetzt noch Fehler findet, darf sie behalten und zur
Signierstunde am Donnerstag mitbringen.

  • Autogramm €5,--
  • Autogramm mit Widmung: €10,--
  • Signieren von Recktscreybfälern: unbezahlbar

Nachtrag:
Inzwischen habe ich meine Couch bereits mehrfach reisenden
aus vielen verschiedenen Ländern zur Verfügung gestellt.
Diese Couchsurfer kamen aus Ländern wie z.B. Sizilien, China, Polen, Deutschland,
Italien, Amerika, Bayern, Russland, Indien, Österreich und Kanada
und waren jeder für sich ein Erlebnis und eine Bereicherung.



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